20 Jahre FZML: ein Psychogramm
Funktion: Autor
Erstellungsdatum: 14.10.2010
Thomas Christoph Heyde
20 Jahre FZML: ein Psychogramm
Erschienen in: Katalog »20 Jahre FZML – Jubiläumsfestival«, Leipzig, 2010
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Als sich am 08.11.1990 Persönlichkeiten des Musiklebens versammelten, um den Verein Forum Zeitgenössischer Musik Leipzig zu gründen, war das nicht der Anfang der Geschichte, sondern ein administrativer Neubeginn eines Projektes, dessen Wurzeln bis weit in die 70er Jahre zurückreichen. Der Name, mit dem sich die Genese verknüpft, ist die 1970 von dem Posaunisten und Komponisten Friedrich Schenker, dem Oboisten Burkhard Glaetzner und weiteren Mitgliedern des Leipziger Rundfunk-Sinfonieorchesters gegründete Gruppe Neue Musik »Hanns Eisler«. Dieses Ensemble, das sich als das mehr oder minder einzige »professionelle« Kammermusik-Ensemble von Rang und Dauer in der DDR bezeichnen konnte und im Übrigen die erste Ensemblegründung dieser Art in Deutschland war, verstand sich von Beginn an als musikalisches Sprachrohr einer jungen Generation von Komponistinnen und Komponisten und zugleich als Bindeglied zur westlichen Avantgarde. Ein kühnes, ein jugendliches Unterfangen.
Zur Vergegenwärtigung der Begleitumstände, unter denen die Arbeit der »Eisler-Gruppe« erfolgte, muss man die historische Lage und das kulturpolitische Klima in der DDR berücksichtigen. Mit Beginn der 50er Jahre kam die sogenannte »Formalismusdebatte« auf, die später zwar für beendet erklärt wurde, bis zum Untergang der DDR die Lager aber ästhetisch spalten sollte. So legte in den Gründungsjahren der DDR Ministerpräsident Otto Grotewohl die zackige Marschrichtung mit den Worten vor: »Die Idee der Kunst muss der Marschrichtung des politischen Kampfes folgen. […] Was sich in der Politik als richtig erweist, ist es auch in der Kunst.« Die Luft für Künstlerinnen und Künstler, die mit den Tendenzen der Abstraktion westlicher Prägung liebäugelten, war unter dieser Vorgabe bis Anfang der 70er Jahre äußerst dünn. Selbst das künstlerische Spitzenpersonal des Landes, wie der Dichter Bertolt Brecht und der insbesondere für die jüngeren Komponistinnen und Komponisten wichtige Schutzpatron, der Komponist Paul Dessau, gerieten unter Beschuss.
(weiterlesen [.pdf, S. 24-49])
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Der Text erschien anlässlich des Jubiläumsfestivals »20 Jahre FZMl« des Forum Zeitgenössischer Musik Leipzig [FZML].
Informationen zum Projekt sind unter diesem Beitrag zu finden.
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