Sende(r)musik

Sende(r)musik

Funktion: künstlerischer Leiter

Erstellungsdatum: 2002-2003

Konzertreihe

Veranstaltungsreihe für den Klangkörper des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR).

  1. MDR Sende(r)musik
  2. MDR Sende(r)musik

LVZ/Leipziger-Volkszeitung, 21.11.2002, S. 22
Ausgabe: Leipziger Volkszeitung-Stadtausgabe/Stadtausgabe / Ressort: Kultur
Neue MDR-Konzertreihe „Sende(r)musik“ mit zeitgenössischen Kompositionen gestartet

Klirrende Eiswürfel schwimmen im Video-Brei
In das Terzgefälle zweier Klarinetten strömt Müllgeruch. Das heißt, er soll strömen. Etwa 300 dichtgedrängte Menschen schnüffeln unauffällig-ungläubig, und kontrapunktisch zur Bühnenmusik erschallen die ersten Huster. Dieser mit Spannung erwartete Premierenabend „Medienmusik“ der neuen MDR-Reihe „Sende(r)musik“ widerspiegelte am Dienstagabend ein Gesamtkonzept, das seinen Schwerpunkt auf die Vielfalt zeitgenössischer Kammermusik legt. Dramaturg und Komponist Thomas Christoph Heyde setzt auf Werkstattcharakter.
Der MDR-Sendesaal am Augustusplatz bietet nicht nur phänomenale akustische, sondern auch technisch beste Voraussetzungen zur Durchführung solcher Musik-Werkstätten. Zu den Schichtungen aus Ensembleklang, Liveelektronik und Videoprojektion gehört die Improvisation. So ist es nicht verwunderlich, dass die Geruchs-Parameter von Müll bis zum Duft von Gerhard Stäblers (Jahrgang 1949) „Die Nacht sitzt am Tisch“ in dem großen Saal im Wesentlichen ihrer Eigendynamik folgen.
Improvisation ist auch das Zauberwort für die beiden Videokünstlerinnen Ilka Flohrer und Ulrike Felsing, die 8mm Filmmaterial breit gestreuter Herkunft aus den 50ern bis 70ern der Komposition „Eröffnung und Zertrümmerung“ von Nicolaus A. Huber (geboren 1939) neu unterlegten. Huber spaltet mittels Ensemble und Tonband einen späten Hölderlin textlos zu klirrenden Eiswürfeln, die durch den Video-Brei schwimmen. Es war für den Komponisten selbst überraschend, um wie viel schroffer als ursprünglich gedacht sein Stück aus dem Jahr 1992 in dieser Version klingt.
Neben „Umgang-Aufstieg-Abgang“ von Thomas Christoph Heyde (Jahrgang 1973) vervollständigen Luigi Nono (1924-1990) und Myriam Lucia Marbé (1931-1997) mit zwei meditativen Spätwerken voll geläuterter Heiterkeit das Werkstattprogramm. Nonos Tuba experimentiert „per Donau(eschingen)“ mit Walstimmen-Zitaten, während selbst Mozarts Papageno durch den „Zauberhaften Garten“ von Frau Marbé stromert.
Brüche sind gleichsam die roten Fäden dieses Abends, auch Dank der Solisten Stefan Sandow, Tuba, Flötistin Carine Levine, der hervorragenden Ensemble-Interpreten und Dirigent Titus Engel, sowie der technischen Crew.

(Sigrid Neef)

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Programmheft des Eröffnungskonzertes der »Sende(r)musik«
Interview zur neuen MDR-Konzertreihe bei MDR und MDR-online
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