Funktion: künstlerischer Leiter
Erstellungsdatum: 18.09. - 21.09.2008
Festival der sportlichen Musikkultur
Eine Veranstaltung des Forum Zeitgenössischer Musik Leipzig [FZML] e.V. in Kooperation mit Landesfilmdienst Sachsen e.V., Fachstelle Extremismus und Gewaltprävention der Stadt Leipzig, Cineding GbR, Steinhaus e.V. Bautzen, 54 Grad
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DON’T DISSHARMONIE
Mit einer Aktion von 111 Radfahrern eröffnet »MACHTMUSIK – Festival für sportliche Musikkultur« ebenso bewegungsintensiv wie musikalisch-
spektakulär. Mit über 100 Künstlern und 30 Veranstaltungen zeigt das Programm künstlerische Reflexionen und kreative Reaktionen auf das kulturelle und mediale Phänomen »Sport«.
Kritische, amüsante und andersartige Positionen setzt MACHTMUSIK anderen sportlichen Großereignissen des Jahres entgegen: auf der Konzertbühne, im öffentlichen Raum, im Club, im Kino, in der Fußgängerzone – sogar im Fitness-Studio.
Die Grenzüberschreitung ist an diesen Tagen ebenso Programm wie die ernsthafte inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema. MACHTMUSIK spannt einen kühnen inhaltlichen Bogen vom Konzert mit zeitgenössischer Musik über Hardcore, Heavy Metal und HipHop, bis hin zu Literatur, Poetry, Filmen, Vorträgen und öffentlichen Kunstaktionen.
(aus der Pressemitteilung des Veranstalters)
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LVZ/Leipziger-Volkszeitung, 22.09.2008
Ausgabe: Leipziger Volkszeitung-Stadtausgabe/Stadtausgabe
Konzertabend mit sportlicher Note im Fitnessstudio beim MachtMusik-Festival
Keuch den Rhythmus
Ein Fitnessstudio – kein alltäglicher Ort für eine Musikveranstaltung. „Sportissimo“, der sportliche Konzertabend des Forums Zeitgenössische Musik Leipzig im Rahmen des Festivals MachtMusik passt aber haargenau dorthin. Andächtig still ist es Samstagabend im verspiegelten Tanzraum der Fitness Company Petersstraße. Die 40 Besucher erwarten in meditativer Ruhe das Ereignis. Ein Gong ertönt, vier Athleten in sportlichem Schwarz betreten die Arena. Es folgt die Komposition „Bälle und Felle“ von Thomas Christoph Heyde. Schlagzeug, Percussion und Akkordeon, vermengt mit zielgerichtetem Dribbeln von Bällen, detailliert gesetztem Keuchen und rhythmischem Peitschenknallen. Die Spieler geben sich verhalten oder mechanisch, nie ausufernd. Reserven sparen, sich unter Kontrolle haben. Ein Stück moderner Musik, das wie eine Satire auf den Leistungssport wirkt.
Eine starke Ouvertüre, die von der nächsten Darbietung noch getoppt wird. Pedrag Tomic aus Weimar, kurzfristig für den erkrankten Ljubomir Mitrovic eingesprungen, bringt statt „Mann mit Akkordeon beim Pirouettieren“ das „Konzertstück für Akkordeon“ des tschechischen Komponisten Jindrich Feld. Obwohl er auf seinem Stuhl sitzen bleibt, ist sein virtuoses Spiel wie ein Tanz mit dem Instrument. Mit extremer Schnelligkeit jagen die Finger über die Tasten, halten inne und tragen die Musik in ruhigere Gefilde hinüber. Ein musikalischer Sportler, der sein Spiel wie eine Olympia-Disziplin behandelt und die Goldmedaille unbedingt verdienen würde.
Der Rest des nur 50 Minuten dauernden Programms ist qualitativ hochwertig umgesetzt, erreicht aber keinen Höhepunkt mehr. Matthias Suter präsentiert die Komposition „Temazcal“ des Mexikaners Javier Alvarez. Mit Maracas dirigiert, unterstreicht oder kontrastiert er rasselnd Percussion-Klänge vom Tonband. Katalin Stefulas Flötensolo „Moto Perpetuo“ von Paganini erklingt von der Galerie herunter, die Musikerin ist nicht zu sehen. Schade, denn das lange und temporeich minimalistische Werk langweilt bald als reines Hörspiel.
Auch Annesley Blacks „Smooche de la Rooche II“ für drei athletisch begabte Schlagzeuger und Elektroniker verliert durch das anfängliche Verstecken der Ausführenden im Off. Nur über die Spiegel und einen günstigen Standort lässt sich ein Blick auf die Musiker erhaschen. Schließlich robben Suter, Wolfram Michael Holl und Wolfgang Fischer zurück ins Rampenlicht und beginnen eine ausgefeilte und komplizierte Springseil-Komposition. Sie werfen die Seile, lassen sie durch die Luft sirren und kratzen mit dem Seilende auf dem Boden.
Konventionelle Sprungübungen führen zu Wanderbewegungen ins Publikum und einer hohen Schweißproduktion, die sich am Ende gelohnt hat. Viel verdienten Applaus gibt es für diesen leistungssportlich-musikalischen Abend.
(Janna Kagerer)
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