Vorschaubild der Veranstaltung »Arbeitsamtskonzert«

FreiZeitArbeit 2008

Funktion: künstlerischer Leiter

Erstellungsdatum: 2008

Fliegen, Fahren, Schwimmen, Laufen – Konzerte an ungewöhnlichen Orten

»FREIZEITARBEIT«: Das sind Konzerte zwischen Scheinwerferlicht und Sonnenschein, auf dem Ausflugsdampfer, in der Straßenbahn und im Flugzeug. Es sind Konzerte, wo Musik und Kunst dem Publikum da begegnen, wo es sich aufhält, wo Menschen ihre ZEIT verbringen, sei es auf dem Weg zu ihrer ARBEIT oder in der FREIZEIT.

(Aus einem Pressetext des Veranstalters)

DAMPFERKONZERT [01. Mai 2008, Karl-Heine-Kanal, Leipzig]
ARBEITSAMTKONZERT [01. Juli 2008, ARGE, Georg-Schumann-Straße, Leipzig]
NACHTWANDERKONZERT [02. August 2008, Eingang des Abtnaundorfer Parks, Leipzig]

  1. DLF »Corso« zu Arbeitsamtskonzert
  2. WDR3 Resonanzen zu Arbeitsamtskonzert

KREUZER, Leipzig 31.07.2008

Klangsuche am Flussufer
Unterwegs mit dem Komponisten Thomas Christoph Heyde im Abtnaundorfer Park

Wir haben uns in der Abtnaundorfer Straße, Ecke Heiterblickstraße verabredet. Das liegt im Nirgendwo des Leipziger Nordens – dort, wo einem noch berittene Pferde auf holpriger Landstraße begegnen, neben Wiesen und Scheunen, dort, wo sich gerade ein Fuchs im Gebüsch versteckt, um uns kurz darauf mit seinem Erscheinen zu überraschen.

Wir haben uns in der Abtnaundorfer Straße, Ecke Heiterblickstraße verabredet. Das liegt im Nirgendwo des Leipziger Nordens – dort, wo einem noch berittene Pferde auf holpriger Landstraße begegnen, neben Wiesen und Scheunen, dort, wo sich gerade ein Fuchs im Gebüsch versteckt, um uns kurz darauf mit seinem Erscheinen zu überraschen.

Ans Ende der verschlafenen Landstraße, vor einer recht feudal anmutende Villa hat sich auch ein gelbes Taxi verirrt. Thomas Christoph Heyde steigt aus. Der 34-Jährige ist nicht nur Komponist zeitgenössischer Musik mit einem Gespür für die Natur, sondern seit 1997 auch künstlerischer Leiter des Forums für Zeitgenössische Musik Leipzig (FZML). Unsere Entdeckung des Abtnaundorfer Kleinods haben wir ihm zu verdanken. Denn Heydes Musik ist der Grund, der uns in diesen verwunschenen Park geführt hat. Der Komponist bereitet mit dem FZML gerade ein Nachtwanderkonzert entlang des Flüsschens Parthe vor, der sich hier durchs Grün schlängelt. Im Abendlicht beschreiten wir vorab die Strecke, die später im Dunkeln nur noch erhörbar sein wird, wenn dem Publikum allein Klanginseln im Freien zur Orientierung helfen.

Erste Station der musikalischen Nachtwanderung ist der Parkteich. Heydes ernste Augen blicken über das dunkle Wasser hinüber zum Pavillon auf der zugewachsenen Insel und dann weiter zu einer weißen Frauenskulptur aus Drahtgeflecht, die auf dem Wasser zu schweben scheint. Man kann sehen, wie er sich die Musik zur Szene hinzudenkt. Wir schlendern weiter zur kleinen Bogenbrücke über die friedliche Parthe. Die Brücke ist neben dem Tempel im Teich eines der wenigen Überbleibsel der ursprünglichen Parkgestaltung aus den Anfängen des 19. Jahrhunderts. Viel vom Grün liegt hier unberührt – die wilde Lichtung nach der nächsten Biegung legt mit ihren mannshohen Gräsern Zeugnis davon ab.

»In diesen naturbelassenen Orten steckt so viel Geist«, sinniert Heyde. Inspiration könne er zwar auf intellektuellem Wege auch in der Stadt finden. Aber das Selbstvergewissern und Krafttanken für den nächsten realen Output, das gehe nur in Räumen wie diesem.

Heyde sucht hier draußen jedoch nicht allein nach Ruhe. Der Tonkünstler muss für die Realisierung seiner aufwendigen elektroakustischen und intermedialen Kompositionen immer auch Orte abseits von Kunsthalle und Konzertsaal finden. Darauf baut seine Idee zur Konzertreihe FreiZeitArbeit: »Wir wollen gerade junge Menschen nicht in den klassischen Musiksaal holen, wo sie sich vielleicht unwohl fühlen. Wir wollen ihnen zeitgenössische Musik an Orten nahe bringen, die sie kennen – eben die der Arbeit und der Freizeit.« Seit 2007 läuft die Konzertreihe bereits, vor wenigen Wochen hat Heyde mit einem Konzert im Arbeitsamt polarisiert und die Beziehung von Ort und Inhalt konterkariert.

Auf ähnliche Weise will er im nächtlichen Abtnaundorfer Park entlang der Parthe das Klischee bekämpfen. Keine klassische Musik soll da die Szene romantisieren; auf den naturbelassenen Wegen spielt dann eine Blockflöte zu computergenerierten Klängen.

(Anne Kretzschmar)

LVZ/Leipziger-Volkszeitung, 05.08.2008
Ausgabe: Leipziger Volkszeitung-Stadtausgabe/Stadtausgabe
Nachtwanderkonzert des Forums Zeitgenössischer Musik regte Fantasie der Zuhörer an
Zahlreiche Besucher lauschten dem Akkordeon- und Fagott-Klängen von Claudia Buder und Jin Hoon Kim. Die beiden spielten während des Nachtwanderkonzertes „Pas à pas“ von Misato Mochizuki. Ziel der Veranstaltung im Abtnaundorfer Park war es, die Sinne der Zuhörer zu schulen. 

Unerwartete Töne aus dem Gebüsch

Taucha. Wer nachts gern unterwegs ist, gern Musik hört, sich von Lichtern begeistern lässt und viele Menschen um sich haben kann, der kam jüngst beim malerischen Nachtwanderkonzert auf seine Kosten.
Zu dieser ungewöhnlichen Wanderung durch den Abtnaundorfer Park hatte das Forum Zeitgenössischer Musik Leipzig eingeladen. „Dass sich Jeder auf Außergewöhnliches einlassen muss, ist gewollt“, so der künstlerische Leiter des Nachtwanderkonzerts Thomas Christoph Heyde: „Es ist ein Ausnahme-Konzertformat mit vielen Eventualitäten. Wir wollen uns auf die akustischen Sinne verlassen, diese auch schulen, denn die ausgewählte Musik ist nicht leicht verständlich. Ich hoffe, dass es ein toller Konzertabend wird, dass die Leute etwas akustisch Interessantes mit nach Hause nehmen.“ Der farbig beleuchtete Abtnaundorfer Teich gab eine beeindruckender Kulisse ab, als die Mezzosopranistin Juliane Harberg begleitet von Claudia Buder auf dem Akkordeon aus einem Ruderboot heraus Ausschnitte aus einem Liederzyklus sang. Antje Hensel erwartete ihre Zuhörer auf einem abgeschlagenen Baumstumpf mit ihrer Tenorblockflöte. Das Schlagzeug verzauberte Gerd Schenker auf einer Wiese zwischen hohem Gras und Disteln mit einer Stirnleuchte und Frack.
Dass dieses Angebot für viele das Richtige war, bewiesen die mehr als 200 Besucher, die reichlich Beifall spendeten. Zu ihnen gehörte Florian Centler. Nach dem Konzert äußerte er: „Musik, die man sonst vielleicht nicht anhören würde, wurde in der Parkatmosphäre gut umgesetzt. Meine Erwartungen sind erfüllt. Bei den unerwarteten Tönen aus dem Gebüsch wurde meine Fantasie sehr angeregt.“
Organisatorische Unterstützung fand das Forum beim Zweckverband Parthenaue. Andreas Gumbrecht vom Verband erinnerte an das Picknickkonzert, welches im vergangenen Jahr in Tauchaer Ortsteil Sehlis stattfand: „Aus dieser Erfahrung mit dem Forum Zeitgenössische Musik Leipzig ist eine gute Zusammenarbeit entstanden. In diesem Jahr haben wir uns gemeinsam für diese Nachtwanderung entschieden. Unser Anliegen ist es, Kunst in den öffentlichen Raum zu transportieren. Leipzig, Taucha und Borsdorf sind im Zweckverband Parthenaue vereint und in Kooperation mit dem Festival Zwischengrün für die Veranstaltungsreihe Stadt-Land-Kunst-Parthe verantwortlich.“ Und er wies auf das Parkpflegeseminar in Borsdorf hin und die Veranstaltung „Drei Französische Dimensionen – Internationales Skulpturensymposium Taucha“, dessen Veranstaltungshöhepunkt am 30. August sein wird. 
Thomas Christoph Heide: Ich hoffe, dass die Leute etwas akustisch Interessantes mit nach Hause nehmen.

(Marita Syrbe)

LVZ/Leipziger-Volkszeitung, 14.06.2008, S. 11
Ausgabe: Leipziger Volkszeitung-Stadtausgabe/Stadtausgabe / Ressort: Kultur

Arbeitslos, Spaß dabeiAUSGEPRESST

Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Aber ohne ist es mit dem Leben Essig. Und ohne Lohn zumindest kompliziert. Weshalb es die Betroffenen mehr aus Not denn Sehnsucht an einen Ort zieht, den man heute Arbeitsagentur nennt. Und bei allem Respekt für die dort geleistete Arbeit, ein Hort der Freude ist das nicht.
In Leipzig soll das anders werden, wenn auch nur am 1. Juli, und das verdanken wir dem rührigen Forum Zeitgenössischer Musik, das an jenem Tag zum „Arbeitsamtskonzert“ lädt. Eigens für diesen Anlass hat es einen Chor aus Mitarbeitern der Arbeitsagentur gegründet. Gemeinsam mit Mitgliedern des MDR-Sinfonieorchesters soll er Werke von Hanns Eisler in einer Neufassung präsentieren. Außerdem werden junge Poeten „kritische und erhellende Texte zum Thema Arbeit(slosigkeit) vortragen“, verspricht eine Pressemitteilung.
Kein Job, kein Auto, keine Frau – aber Spaß und Erbauung. Das ist schön. Der Mitarbeiter, der also vormittags dem 50-Jährigen noch mitteilen musste, dass er sein Arbeitsleben an den Nagel hängen kann, singt ihm ein paar Stunden später – auf den Schreck – ein Ständchen. Also wenn das nicht versöhnt. Zusätzlich müssen die singenden Agentur-Leute auch noch einen inhaltlichen Rollenwechsel vollziehen: Hatten sie am Morgen noch, wie es ihr Auftrag ist, die Schwarzarbeit bekämpft, so tragen sie dann Brechts „Lob der illegalen Arbeit“ vor. Man muss flexibel sein.
Die Kulturstiftung des Freistaats, die Stadt Leipzig und der Deutsche Musikrat jedenfalls unterstützen das ambitionierte Projekt. Mit einem großartigen Ergebnis insbesondere für die arbeitslosen Zuhörer: Der Eintritt ist frei!

(jkl)

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Programmhefte des Konzertreihe »FreiZeitArbeit« 2008

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Informationen zu den Konzerten auf der Website der Veranstalter
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