Funktion: künstlerischer Leiter
Erstellungsdatum: 03.10.12
Eine musikalisch-szenische Revue zum 50.Todestag von Hanns Eisler
Kooperationsprojekt des Forum Zeitgenössischer Musik Leipzig [FZML] mit Centraltheater & Skala (Schauspiel Leipzig).
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Am 03. Oktober 2012 ehren das FZML und das Centraltheater Leipzig den großen Sohn der Stadt Leipzig, Hanns Eisler, mit einer szenisch-musikalischen Revue anlässlich seines 50. Todestages.
»EISLER, Sohn ohne Stadt« spiegelt in vielen Facetten und mit renommierten Künstlern das umfängliche Schaffen von Hanns Eisler wieder. Neben Kammermusik, Liedern und Band-Arrangements werden Filme und Dokumentationen sowie ein szenisches Reenactment von Eislers Anhörung vor dem »Ausschuss zur Untersuchung unamerikanischer Aktivitäten« dargeboten.
Am Tag der deutschen Einheit soll außerdem die politische Facette eines Komponisten eine Rolle spielen, dessen bewegte Biografie auch ein Abbild der Geschichte des 20. Jahrhunderts ist.
(aus der Vorankündigung des Veranstalters)
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LVZ/Leipziger-Volkszeitung, 05.10.2012, S. 10
Ausgabe: Leipziger Volkszeitung-Stadtausgabe/Stadtausgabe / Ressort: Kultur
„Sohn ohne Stadt“: Hanns-Eisler-Revue im Centraltheater
Getrieben, verfolgt, und fast vergessen
In Stefanie Wüsts Stimme liegt das bedrohliche Gefühl der Überlegenheit. Sie schleicht um das Klavier, auf dem Uwe Paul Lohse ihr verstörendes Lied begleitet: Das Lied vom „Mariechen“. Hanns Eisler hat den Text 1925 in einer Zeitung gefunden und vertont. Wüst spricht mit klarer Stimme zu einem imaginären Insekt und schaut verwundert, als es offensichtlich entflogen ist.
Mit gesanglicher Direktheit, mit eindringlichen Gesten und mit viel Verspieltheit fesselt sie ihr staunendes Publikum. Dieses hat sich im Centraltheater am Tag der deutschen Einheit zusammengefunden, um sich eines großen Sohnes der Stadt Leipzig zu erinnern. Eisler hat in diesem Jahr seinen 50. Todestag, und weil hier kaum einer dieses einst so erfolgreichen Komponisten gedenkt, nahm sich Thomas Christian Heyde dieser Aufgabe an und inszenierte eine Revue, in der Künstler der Musik und des Theaters ein gemeinsames Programm über diesen „Sohn ohne Stadt“ entwarfen.
Eisler hat es nie leicht gehabt, sich einen Platz in der Welt zu sichern, nicht zu Lebzeiten und auch nicht nach seinem Tod. Als Getriebener und Verfolgter des Dritten Reiches suchte er seine Heimat in Dänemark, Großbritannien und später in den USA, wo er zwischen die Mühlen des Kalten Krieges geriet und einen irrwitzigen Prozess der Einwanderungsbehörde über sich ergehen lassen musste.
Als Komponist, der seine Musik einer politischen Idee zur Verfügung stellte, der in der Sowjetunion gefeiert wurde und gleichzeitig für Hollywood Musik produzierte, verweigert er sich einer eindeutigen Zuordnung in die Schublade „Politische Musik“ . So lässt sich auch erklären, warum man noch heute allenfalls zögerlich mit ihm umgeht.
Mit einem Werbefilm für die amerikanische Ölindustrie und den Aufnahmen des Verhörs durch den Ausschuss der Einwanderungsbehörde werden brisante Dokumente aus Eislers Vita vorgeführt, alles im Original, also auf Englisch und ohne Untertitel, was zwar der Authentizität, nicht aber der Verständlichkeit der Texte zugute kommt.
Das fabelhafte Ensemble Klangwerkstatt Weimar begleitet den Stummfilm „Regen“ mit der von Eisler dazu komponierten wunderbaren Musik. Zuletzt sorgen Wenzel & Band für einen Stilbruch – der keiner ist. Mit ihren rockigen Interpretationen von Eislers Stücken, vorzugsweise die Vertonungen der Gedichte Bertold Brechts, entstauben sie das Bild des Idealisten und stellen ihn vor dem Hintergrund der Globalisierung mitten in die Gegenwart. Ganz im Sinne der Arbeiterlieder schmettert Wenzel ins Mikrophon und fordert sein Publikum auf, den jeweiligen Refrain mitzusingen. Manche machen das tatsächlich, andere tun sich sichtlich schwer damit, eine politische Aussage lauthals zu unterstützen. Fest aber steht: Hanns Eislers Musik regt noch immer zum Nachdenken an und birgt viel Potenzial für Aufführungen und Kontroversen.
(Felicitas Förster)
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LVZ/Leipziger-Volkszeitung, 06.09.2012
Ausgabe: LVZ-Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung / Ressort: Kultur
„Die zweite Revolution“ Vor 50 Jahren starb der in Leipzig geborene Komponist Hanns Eisler
Heute vor 50 Jahren starb Hanns Eisler. Drei Sängerinnen erinnern an einen fast vergessenen Komponisten aus Leipzig.
„Eisler – Sohn ohne Stadt“ nennen Zentrum [„Forum“, d.R.] für zeitgenössische Musik Leipzig und Centraltheater im Oktober ihre Hommage für den Komponisten, der heute vor einem halben Jahrhundert in Berlin starb. Dabei hat sich Johannes, der sich später Hanns nannte, immer als Leipziger gefühlt, obwohl er nur die ersten drei Jahre seines Lebens hier verbrachte und dann in Wien aufwuchs. Er musste vor den Faschisten emigrieren, aus den USA vor McCarthy fliehen, und war Europäer par excellence. Da seine Mutter Leipzigerin, eine gescheite und von ihm geschätzte Frau, war, die den Jungen stark beeinflusste, übernahm er deren Liebe zur Geburtsstadt. Über Jahrzehnte waren Schönheit und Intelligenz seiner Werke durch ideologische Auseinandersetzungen verstellt. Inzwischen gehört der Mann, der 1898 zur Welt kam, zu den bedeutenden Komponisten des vergangenen Jahrhunderts.
Während zwischen Hamburg und Wien aus diesem Grunde auch seine sinfonischen Werke erklingen, bleibt es in seiner Geburtsstadt, die einst wenigstens alle vier Jahre mit einem Internationalen Chorfestival an ihn erinnerte, relativ bescheiden. In der Moritzbastei, im Mendelssohn-Saal des Gewandhauses, im Schumann- und Mendelssohn-Haus, im Opernfoyer, im Lindenfels erklingt in den kommenden Monaten Kammermusikalisches. Dabei war der Mann nicht nur für seine Filmmusiken zweimal für den Oscars nominiert, […] (Rolf Richter)
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